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Hier veröffentliche ich in loser Folge Geschichten aus dem Krankenhaus, Sichtweisen und Coachingtipps...
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2024-02-09
Ich weiß morgens vor lauter Erschöpfung nicht mal, ob ich die blaue oder die grüne Hose anziehen soll.
“Ich weiß morgens vor lauter Erschöpfung nicht mal, ob ich die blaue oder die grüne Hose anziehen soll. Und Sie fragen mich wie ich den Personalabbau mit meinen Werten in Übereinstimmung bringe?” Die Oberärztin steht schnaubend und wütend vor mir.
Ich blicke Frau Kohlberger direkt an. Sie sieht erschöpft aus, die vielen harschen Auseinandersetzungen mit der kaufmännischen Leitung haben ihre Spuren hinterlassen. Die Augen sind matt, liegen tief in ihren Höhlen – so sehr, dass ich mich kraftlos und müde fühle.
„Sie erleben sich bedroht, kann das sein?“, versuche ich anzusetzen, „lieber kämpfen Sie bis aufs Letzte, als einen Ihrer geschätzten Mitarbeiter:innen vor die Tür setzen zu müssen.“ Sie stiert die Wand hinter mir an und spuckt mit zusammengepressten Lippen ein „Genau!“ heraus. Obwohl ich sie so lieber nicht als Gegnerin haben will, muss ich ein bisschen lachen.
„Frau Kohlberger, wissen Sie, gerade wundert es mich gar nicht, dass Sie nicht wissen, welche Hose Sie morgens anziehen wollen.“ Eine Spur Neugier mischt sich in ihren Blick. Ich zeige auf das Plakat hinter mir.
„Wissen Sie, mit Sympathikus und Parasympathikus kenne Sie sich ja aus…Sie sind ungefähr hier so….“ und zeige auf „Fight“ und „dorsalen Vagus“. „Ihre Gefühle bestimmen Ihr Denken, und gerade wird das Thema des ventralen Vagus - das in Verbindung sein mit sich selbst, Offenheit, Neugierde - völlig unterdrückt.
Im Kampf-Modus sollen Sie schließlich weiterrennen können, obwohl der Fuß schon gebrochen ist. Kein Wunder also, dass Sie sich bei den scheinbar kleinsten Dingen gerade nicht entscheiden können.“
Sie schaut mich interessiert an.
„Entsprechend der Polyvagal-Theorie ist es hilfreich, sich gerade in Stress-Situationen erst wieder in einen Zustand zu bringen, in der der ventrale Vagus aktiv ist. Dabei können Sport, Meditation, ein Spaziergang oder ein paar bewusste Atemzüge schon helfen. Was davon mögen Sie am liebsten?“
Frau Kohlberger lehnt sich in ihren Stuhl zurück und atmet aus. “Ich dachte immer, ich müsste mich mit Sport betäuben, aber vielleicht könnte ich mich tatsächlich zwischendurch mal ans Fenster stellen und ein paar tiefe Atemzüge frische Luft einatmen, bevor das Spektakel in die nächste Runde geht.“
🤯 Kennst du Situationen, in denen dein innerer Kompass versagte und du scheinbar einfaches nicht entscheiden mochtest?
👊 Zum Weiterlesen: Gunter Frank, Maja Storch: Die Mañana-Kompetenz, Piper, 2021
Dieser Artikel ist im Rahmen von #28tagecontent mit Anna Koschinski entstanden und enthält wertvolle Impulse von Angelika, Anke, Anna, Margarethe, und Tina. Danke für Austausch, Inspiration und Lernschleifen.
Admin - 12:40:16 @ Geschichten..., aus der Reihe | Kommentar hinzufügen